Die Sehnsucht nach Fürth ist noch da Denkmal-Experte Heinrich Habel schwärmt von der Architektur der Kleeblattstadt – Fürther Nachrichten vom 22. Januar 2016
Er hat das Standardwerk über die Fürther Baudenkmäler verfasst, die 1994 erschienene Denkmaltopographie „Stadt Fürth“ – oder „den Habel“, wie das voluminöse Buch bei Kennern kurz heißt. Dass Kunsthistoriker Heinrich Habel noch immer von Fürth schwärmt, durfte das Stadtheimatpfleger-Duo Karin Jungkunz und Lothar Berthold bei einem Besuch des 83-Jährigen in seiner Altbauwohnung in Schwabing erfahren. FÜRTH — „In Fürth würde ich mich eventuell sogar noch wohler fühlen als hier“, sagt Heinrich Habel. „München ist zu groß“, ergänzt der Fachmann, der viele Jahre im Dienst des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege stand. In dessen Auftrag begann er in den 1970er Jahren, die Fürther Bauschätze zu sichten und zu sammeln – in Zeiten, in denen Denkmalschutz nicht eben hoch im Kurs stand oder für viele noch ein Fremdwort war. Damals gab es bekanntlich Pläne, auf dem „Gänsberg“ eine Trabantenstadt à la Langwasser zu bauen oder die Fürther Flusstäler mit Schnellstraßen zuzupflastern. Habel erinnert sich noch heute daran, wie er zum ersten Mal ins Fürther Stadtarchiv kam, das damals noch nicht im Burgfarrnbacher Schloss angesiedelt war, sondern im ehemaligen Leihhaus in der Theaterstraße. „Da gab es eine Liste mit den als schützenswert erachteten Bauten in Fürth — das waren sieben Objekte.“ Als er selbst mit seiner Inventarisierung fertig war, kam er auf etwa die 300-fache Zahl. Heute weist Fürth mit knapp 2000 Denkmälern eine der höchsten Objekt-Dichten der Republik auf. Habel leistete dafür mit seiner akribischen Spurensuche Pionierarbeit. Immer wieder kam er nach Fürth, um die Bausubstanz zu sichten. Seine Arbeit floss schließlich in den umfangreichen Band „Stadt Fürth“ ein, den das bayerische Landesamt für Denkmalpflege 1994 herausgab, der aber mittlerweile vergriffen ist. Dass Habel derart viele erhaltenswerte Objekte aufspürte und katalogisierte, stieß keineswegs bei allen Fürthern auf Gegenliebe: Die Abriss-Bagger rollten auch damals noch an. Der Kunsthistoriker, der sich in Bayerns oberster Denkmalschutzbehörde zum Experten für die lange verkannten Baustile Historismus und Jugendstil entwickelt hatte („Das war damals Neuland“), fand in Fürth jede Menge Objekte für seine Spezialgebiete. Wenn er an seine ersten Streifzüge durch die Stadt zurückdenkt, gerät er heute noch ins Schwärmen: „Ich stieß förmlich Jubelschreie aus beim Gang von einem geschlossenen Ensemble der Architekturgeschichte zum nächsten.“ Fürths Stadtplan ist ihm nach wie vor eingebrannt ins Gedächtnis, er hat die Straßen alle parat und weiß beispielsweise, dass die Julienstraße längst Hallemannstraße heißt. Hellauf begeistert Doch seine Begeisterung sollte sich noch steigern: Bei der ersten Begegnung mit Fürths Prachtstraßen, der Hornschuchpromenade und der Königswarter Straße, „war ich außer mir“, erinnert sich der 83-Jährige. Doch auch die bestens erhaltenen Natursteinhäuser in der Nürnberger Straße haben es ihm angetan. Diese Ensembles, so urteilt der Fachmann, gebe es geschlossen nahezu nirgendwo in Deutschland. In München fällt ihm nur die erste Stil-Adresse der Stadt, die Widenmayerstraße, ein, die den Vergleich mit den Fürther Bauten nicht zu scheuen braucht. Und Habel bringt noch einen weiteren Vergleich, der Fürth-Fans ins Schwärmen bringt: „Um Ähnliches zu sehen, muss man Richtung Osten bis nach Wien fahren und Richtung Westen bis ins französische Nancy.“
Der Kontakt zu Dr. Habel wurde anlässlich eines Vortrages geknüpft, den er im vergangenen Jahr über die „Denkmalstadt Fürth“ im Stadtmuseum hielt. Unser Dank geht an die frühere Stadtheimatpflegerin Dr. Dagmar Solomon, die den Besuch von Dr. Habel organisiert hat.