Mit den großen Malern seiner Zeit war Benno Berneis (1883–1916) auf Du und Du. Jetzt holt ihn die Kunstgalerie seiner Geburtsstadt Fürth aus bald 100-jähriger Vergessenheit ins öffentliche Bewusstsein zurück.
Artikel aus den FN vom 24.07.2018
Man darf sich Galeriechef Hans-Peter Miksch als wählerischen Kunstsinnigen vorstellen. Entsprechend sparsam, nämlich mit dem Satz „Vielleicht ist er ja auch zu Recht unbekannt“, kommentierte er jene Entdeckung, die Fürths Stadtheimatpflegerin Karin Jungkunz gemacht zu haben glaubte.
2014 hatte das Jüdische Museum München Malerei von Künstlern gezeigt, die im Ersten Weltkrieg gefallen waren — unter ihnen war jener Benno Berneis, der 1916 im Luftkampf fiel und 33 Jahre zuvor als Spross einer jüdischen Schuhfabrikantenfamilie in Fürth zur Welt gekommen war. Benno wer? Nach dem Abitur am Humanistischen Gymnasium in der Königstraße hatte ihn der Weg nach Berlin geführt. Als Schüler Max Liebermanns, Lovis Corinths und Ernst Slevogts fand er rasch Anschluss an die Freie Sezession und wurde zum Darling der zeitgenössischen Feuilletons. Zusammen mit Henri Matisse stellte Berneis 1909 — längst sind seine dynamischen Reiterskizzen und -gemälde nicht nur in Kennerzirkeln ein Begriff — im Kunstsalon Paul Cassirer aus, der seinerzeit als Maß aller Dinge galt.
Ein reichhaltiges Konvolut seiner Arbeiten hüten die Berlinische Galerie (dort finden Berneis-Werke in schöner Regelmäßigkeit einen immerhin kleinen Platz in der Ausstellung) und Nachkommen der Familie. Und spätestens hier fiel auch dem skeptischen Miksch die Kinnlade südwärts. „Wir haben es mit einem sehr guten Künstler an der Schwelle vom Impressionismus zum Expressionismus zu tun.“ Kein glühender Avantgardist, vielmehr ein Kind seiner Zeit — gleichwohl ein überaus begabtes.
Wie er das innere Empfinden widerzuspiegeln vermag, hat Rezensenten noch bis 1917 berührt, als der Salon Cassirer ihm zu Ehren eine Gedächtnisausstellung organisierte. Besucher der Fürther Schau wiederum können erahnen, dass Berneis, hätte er die Kriegswirren überlebt, die Türen zu einer großen Karriere als „richtiger“ Expressionist weit offen gestanden hätten. Seine drei Theaterszenen etwa, in denen er seinen Pinselduktus und das Skizzenhafte selbstbewusst zur Schau stellt, machen die Begeisterung seiner Zeitgenossen nachvollziehbar. In wuchtigen Öl-Großformaten: präzise ausgetüftelte Licht- und Farbkontraste. Und immer wieder, auch in Tusche- und Kohlezeichnungen, Reiter, Pferde, Energie, Dynamik.
Geschenkt, dass Benno Berneis nicht ganz zufällig im Stadtjubiläumsjahr von der Liste der verlorenen Fürther Söhne gestrichen werden kann. Wichtiger: Ein vergessener Maler ist zurückgekehrt. Ein Ausrufezeichen nicht nur im Fürther Kunst-Kalender 2018.