Der Schriftsteller Robert Schopflocher, der 1937 seine Heimatstadt Fürth verlassen musste und jetzt in Argentinien lebt, hat uns seine Dankesrede zur Verleihung des Goldenen Kleeblatts der Stadt Fürth über mittelt. Auch wir gratulieren dem Träger des Fürther Jakob-Wassermann-Preises sehr herzlich zu dieser hohen und ehrenvollen Auszeichnung.
Hier seine Worte bei der Übergabe des Kleeblatts durch den Fürther Bundesminister für Landwirtschaft, Christian Schmidt, in Argentinien:
Kleeblatt;
Sehr verehrter Herr Bundesminister Christian Schmidt, sehr verehrter Herr Botschafter Bernhard Graf von Waldersee, liebe Familie und liebe Freunde
Mit den drei Blättern des Kleeblatts im Stadtwappen von Fürth soll bekanntlich die einstige Dreier-Herrschaft über unsere, wie es heißt, von Karl dem Großen gegründete Stadt zum Ausdruck kommen: Ansbach, Nürnberg und Bamberg.
Historisch nicht nachweisbar, aber sympathisch ist eine weitere Auslegung, die in den drei Blättern ein Symbol für das meist friedliche Zusammenleben der drei in Fürth heimischen Konfessionen: Protestantismus, Katholizismus und Judentum sieht.
Dabei ist mir die Problematik dieses Zusammenlebens durchaus bewusst. Tut dies gerade heute wieder, an dem mich meine Geburts- und Heimatstadt ehrt – diese meine Urheimat, in dessen Nathanstift ich vor fast 93 Jahren das Licht der Welt erblickte. Eine Heimat, die ich in meinem Leben innerlich nie ganz verlassen habe. Eine Heimat schließlich, deren Gerüche, deren Gaumenfreuden und deren Dialekt mich im Geiste noch immer begleiten. Wobei mir nicht nur der Glauben an die Zukunft zur Hilfe kommt, sondern vor allem die dankbare Erinnerung an den mutigen Beistand, den uns viele der sogenannten „arischen“ Freunde aus Fürth in der Zeit des braunen Terrors angedeihen ließen.
In diesem Zusammenhang gedenke ich der dreifachen Wurzel, die meine Persönlichkeit bestimmt: Deutscher – Jude – Argentinier. Drei Welten, die ich heute nicht mehr mit Trenn- , sondern mit Bindestrichen versehe.. Heute nämlich sind es keine mich zerreißenden Gegensätze mehr, sondern eine mehr oder weniger harmonische Synthese, auch wenn ihr eine gewisse Fragwürdigkeit anhaftet, wie ich dies in meinem Gedicht „Ausgewanderte Einwanderer“ auszudrücken versuche.
Es ist nicht das gleiche
ob man als Auswanderer
in ein Land kommt,
als Emigrant,
oder als Einwanderer,
als Immigrant.
Der feine Unterschied
offenbart sich unter anderem darin,
ob, wie und wie weit
sich die Arme ausbreiten,
die den Ankömmling
empfangen.
Mit der Zeit
erwächst einem,
wenn es gut geht,
eine neue
eine zweite Heimat
deren Sprache man sich aneignet,
in der man
Kinder zeugt
und seine Toten bestattet.
Eine zweite Heimat, ja.
Aber ein neues Vaterland?…
Man hat schliesslich nur einen Vater,
nur eine Mutter.
Vergangenheit also auf der einen Seite, und eine durch die Nachkriegsgenerationen vertretene Gegenwart auf der anderen. Wie dies Ihr Kollege, sehr verehrter Herr Minister Schmidt,
der Bundesminister des Auswärtigen Amtes Herr Dr, Steinmeier kürzlich in Bezug auf die sogenannte „dritte Generation“ der deutsch-israelischen Beziehungen so prägnant definierte: „eine gemeinsame Gegenwart, in der die Vergangenheit immer präsent ist, ohne das Nachdenken über die gemeinsame Zukunft zu blockieren.“